«Die Relevanz von Content Marketing wird systematisch unterschätzt»

Eine aktuelle Studie über die Entwicklung im Online-Marketing von B2B-Unternehmen fördert eine Reihe von Wissenswertem zutage.

Eine aktuelle Studie über die Entwicklung im Online-Marketing von B2B-Unternehmen fördert eine Reihe von Wissenswertem zutage, unter anderem: Erfolgreiche Firmen sind im Content Management und im Content Marketing deutlich aktiver unterwegs als weniger erfolgreiche. Und ja – wir sind sicher, dass das in einem Zusammenhang steht.

«Während 85 Prozent der erfolgreichen Organisationen auf der Webseite oder in einem Blog Content Management betreiben, sind es bei den erfolglosen lediglich 55 Prozent»: Zu diesem Schluss kommt der «Marketing Automation Report 2021» der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften zhaw, der im Januar 2021 veröffentlicht wurde. Daraus geht auch hervor, dass sich erfolgreiche Organisationen von erfolglosen darin unterscheiden, dass sie Inhalte zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung stellen (Customer Journey). Heisst: Erfolgreiche Firmen und Organisationen sind im Content Management und im Content Marketing deutlich aktiver unterwegs. Und sie dokumentieren die Strategie zur Vermarktung der Inhalte auch vier Mal häufiger als jene Unternehmen und Organisationen, die sich als mässig oder gar nicht erfolgreich bezeichnen.

Das Team um Studienleiter Dr. Darius Zumstein hatte im Herbst 2020 untersucht, wie Schweizer Unternehmen zu Marketing Automation stehen, ob und wie sie diese einsetzen. Kurz zusammengefasst: E-Mail, Social Media Marketing und Suchmaschinenmarketing werden heute bei praktisch allen Unternehmen eingesetzt. Bei der Mehrheit kommen ein Customer Relationship Management (CRM), Digital Analytics und ein Content Management System zum Einsatz. Marketing Automation – z.B. personalisierte Newsletter, deren Inhalte automatisch auf die Interessen der Empfänger abgestimmt sind – nutzen 40 Prozent der Befragten. Eine Mehrheit rechnet aber damit, dass Marketing Automation künftig zum Bestandteil ihrer übergreifenden digitalen Strategie wird. Ein Thema übrigens, an dem viele Unternehmen noch arbeiten: Von der ZHAW befragt, für wie erfolgreich sie die eigene Online-Strategie in Bezug auf die Zielerreichung einschätzen, antworteten 10 Prozent «erfolgreich», 32 Prozent «ziemlich erfolgreich», aber 39 Prozent «mittelmässig erfolgreich», 9 Prozent «nicht sehr erfolgreich», 2 Prozent «gar nicht erfolgreich». Mit anderen Worten: Die Hälfte der Befragten halten die eigene Online-Strategie nicht für erfolgreich.

Aus unserer Sicht weitere, interessante Aspekte in der Studie: Der Newsletter ist nach wie vor jenes digitale Marketing-Tool, das am meisten eingesetzt wird – noch häufiger, als Social Media Marketing. Das erstaunt nicht, denn die Gründe, die für ein Newsletter-Marketing sprechen, sind sehr vielfältig: Effizienz bei der Erreichung einer grossen Empfängerzahl, tiefe Kosten bei der Umsetzung, Umweltfreundlichkeit, Testmöglichkeiten, Traffic für die Webseite, Kundenbindung und Messbarkeit.

Welche Marketing Technologien nutzt Ihr Unternehmen aktiv? (mehrere Antworten möglich)

Gerade letzteres beschäftigt uns neben Content Marketing stark. Basis dafür ist die Arbeit unseres Kollegen Matthias Strebel, bei der Viva als Berater für den digitalen Bereich zuständig. Er begleitet unsere Redaktoren mit seinen (unerbittlichen) Analysen, definiert (unerbittlich) Ziele und formuliert (unerbittlich) Checklisten, an die wir uns halten (müssen). Doch der Erfolg gibt uns recht: Mit Öffnungsraten von deutlich über 40 Prozent und Klickraten von deutlich über 30 Prozent am Beispiel des von uns verantworteten wöchentlichen Newsletters des Auto Gewerbe Verband Schweiz (AGVS) haben wir inzwischen ein Niveau erreicht, auf dem wir ganz gezielt weiter aufbauen.

Im Anschluss an die Lektüre des «Marketing Automation Report 2021» stellten sich uns ein paar Fragen. Der Einfachheit halber meldeten wir uns damit gleich bei Studienleiter Dr. Darius Zumstein, einem ausgesprochen klugen und sympathischen Menschen, der erst noch sehr rasch auf Mails antwortet:

Die digitale Fitness der durchschnittlichen Schweizer Unternehmung im Marketing scheint aufgrund Ihrer aktuellen Studie noch Potenzial zu haben. Inwiefern hat die Covid-19-Pandemie daran etwas geändert?

Dr. Darius Zumstein: Ja, die digitale Fitness bzw. der digitale Reifegrad hat gerade bei KMUs und im B2B noch viel Luft nach oben. Die Covid-19-Pandamie hat der Digitalisierung nochmals einen grossen Schub verliehen, das zeigen diverse Studien und viele Praxiserfahrungen. Zahlreiche Organisationen wurden auch dazu gezwungen, weil einige Marketing-Kanäle wie z.B. Print-Medien, Radio-, Kino- oder Aussenwerbung keine Reichweite mehr erzielen und Vertriebs-Kanäle wie z.B. persönlicher Verkauf, Messen und Konferenzen oder nicht mehr möglich waren. Die Corona-Krise führte in vielen Branchen zu einer Konsolidierung: Diejenigen die digital gut aufgestellt waren, profitierten. Unternehmen mit Defiziten in verschiedenen digitalen Kompetenzen müssen nachziehen. Ansonsten werden sie vom Markt verschwinden.

Kern Ihrer Studie war, festzustellen, wie affin Schweizer Unternehmen insbesondere in Bezug auf Marketing Automation sind, also darauf, wie sich digitales Marketing so stark wie möglich automatisieren lässt. Zu wieviel Prozent ist das überhaupt möglich bzw. wie hoch wird jener Anteil sein, der nie automatisiert werden kann?

Das ist die Gretchen-Frage, die nicht einfach zu beantworten ist. Alle repetitiven, einfachen und administrativen Standard-Prozesse in der Marketingplanung, -durchführung und -kontrolle werden automatisiert. Das sind je nach Branche, Funktion und Stelle zwischen 40 bis 80 Prozent der Tätigkeiten. Strategische, kreative und komplexere Marketingaufgaben werden nicht verschwinden. Genauso wenig die Implementierung, Bedienung und Weiterentwicklung der Marketing Software und der Datenbanken.

Wichtiges Instrument im Mix von erfolgreichen Firmen ist Content Marketing. Können qualifizierte, auf einen hohen Nutzen ausgerichtete Inhalte überhaupt je automatisiert werden?

Jein. Ja, denn qualitativ hochwertiger, relevanter Inhalt wird zunehmend automatisiert und personalisiert am richtigen Ort und zur richtigen Zeit den richtigen Zielgruppen im richtigen Format ausgespielt. Ja, weil Systeme und die künstliche Intelligenz uns Menschen auch bei der Erarbeitung und Bereitstellung der Inhalte zunehmend unterstützen. Nein, weil berührende, authentische und reale Geschichten und Begegnungen nicht einfach von Maschinen künstlich erzeugt werden können. Das Urmenschliche, die Kreativität, das Berührende und die Empathie in der Kommunikation lassen sich nur schwer automatisieren.

Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie relevant ist Content Marketing aus Marketingsicht heute?

Je nach Phase im Sales Funnel bzw. Customer Buying Cycle zwischen 7 und 10. In der Awareness und Consideration Phase 9 oder 10. Wenn sich ein Konsument für ein Produkt oder eine Dienstleistung entschieden hat, sinkt die Relevanz. Paradoxerweise wird im Content Marketing nach wie vor gespart, die Relevanz systematisch unterschätzt. Viele Unternehmen aller Grössen geben viel für IT und Online-Werbung aus, knausern aber bei der Produktion guter Inhalte. So gibt es den meisten Unternehmen noch zu wenig Stellenprozente im Bereich Content Management und Marketing.

Die am häufigsten genannte «Marketing Technologie» ist der Newsletter. Er ist lebendiger und wichtiger denn je. Warum?

Er ist lebendiger denn je, weil sich die Darstellungs- und Interaktionsmöglichkeiten stets entwickelt haben. Zudem gewinnen Newsletter an Relevanz, weil Inhalte personalisiert, gezielt und intelligent – sprich datenbasiert – an die Empfänger ausgespielt werden. Wichtig ist der Kanal für sämtliche Unternehmen auch deshalb, weil er günstig und einfach zu bedienen ist.

Was gilt es gerade beim Newsletter am stärksten zu beachten?

Erstens dessen Inhalte und Gestaltung: Wie oft informieren wir wen zu welchen Themen? Zweitens die Nachfrage und das Interesse der Abonnenten: Welche Inhalte werden geklickt und welche Angebote im Produktnewsletter gekauft? Drittens die Personalisierung der Newsletter und durchdachte Workflows (Regeln) automatisierter Versandprozesse: Wer kriegt wann, warum und wozu welche Mailings? Viertens die E-Mail Analytics: Wer kümmert sich professionell und kompetent um die Datenauswertung? Die Erfolgskontrolle darf nicht vergessen gehen oder nur einfach nebenbei passieren.

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