Print funktioniert – sagt unser Hirnforscher

Wer sich, wie wir, im Alltag intensiv sowohl mit Print als auch mit Online auseinandersetzt, der ist gut beraten, wenn er sich zwischendurch gut beraten lässt.

Hans-Georg Häusel ist eine faszinierende Person, Hirnforscher, Helikopterpilot, Referent und Autor mehrerer Bücher (Bestseller). Mit ihm arbeiteten wir anlässlich des «Tag der Schweizer Garagisten» 2018 zusammen. Häusel zieht aus der Hirnforschung Schlüsse darüber, wie Konsumenten angesprochen werden können, damit der Verkauf zum Erfolg wird – denn es gibt sie tatsächlich, die «Kaufknöpfe» in den Köpfen der Kunden. Nun hat Hans-Georg Häusel auch sehr klare Ansichten darüber, was in welchem Medium funktioniert und weshalb. Und er sagt: Print ist noch lange nicht tot. Dieser Ansicht sind wir grundsätzlich auch, kommen aber aus einer anderen Perspektive zu diesem Schluss als der Forscher: aus jener der Macher. Häusel hingegen sagt Print wirke – auch für die Werbung – nachhaltiger und besser als online, weil der Mensch, wenn er Print liest, in einer deutlich entspannteren Stimmung konsumiert als online; wer schon einmal am Sonntagmorgen in aller Ruhe Zeitung gelesen hat, weiss, wovon die Rede ist.

Herr Häusel, Sie sagen, das Gehirn des Menschen hat sich seit 30’000 Jahren nicht weiterentwickelt. Faktisch sind wir also Steinzeitmenschen in modernen Kleidern und mit Social Media?

Hans-Georg Häusel: Letztlich schon. Allerdings dürfen wir den Menschen nicht nur von seiner Gehirnentwicklung aus betrachten, wir müssen auch die kulturelle Entwicklung berücksichtigen – und da hat sich doch einiges getan. Allerdings ist die kulturelle Entwicklung brüchig.

Wenn wir schon vor 30’000 Jahren dieselben geistigen Fähigkeiten besassen wie heute – warum wurden dann viele bahnrechenden Erfindungen erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts gemacht?

Weil jede große Erfindung auf tausenden kleinen oder größeren anderen Erfindungen und Erfahrungen basiert und die brauchen viel Zeit. Damit zum Beispiel ein Motor entstehen kann, braucht es Zahnräder. Es braucht Stahl, es braucht Präzisionswerkzeuge – es braucht Vorideen, wie die Dampfmaschine usw.

Anderseits: Dass wir nach wie vor nicht weit entfernt sind von der Steinzeit erlebt man häufig im Umgang mit Frauen. Oder im Strassenverkehr. Warum ist das so?

Weil unsere Urprogramme im limbischen System oft stärker sind, als unsere kulturellen Kontrollprogramme im Großhirn.

Es gibt Menschen, die von sich behaupten, dass sie ihr emotionales Ich kontrollieren würden. Ist das überhaupt möglich?

Nein, das ist eine Benutzerillusion. Wenn ich weiß, wie mein emotionales Betriebssystem funktioniert, kann ich sicher modifizierend eingreifen. Aber Herr im Kopf ist nicht das bewusste Ich, sondern das überwiegend unbewusst agierende limbische System.

Ihr Erfolg basiert unter anderem darauf, dass Sie Erkenntnisse aus der Hirnforschung darauf prüfen, was für das Marketing nützlich ist. Sie schauen den Menschen während ihrem Konsum in die Köpfe. Wo liegt dabei die grösste Herausforderung?

Die bildgebenden Verfahren geben nur einen kleinen, aber wichtigen Ausschnitt was unbewusst im Gehirn passiert. Viele Faktoren, die Kaufentscheidungen beeinflussen, wie Sozialisation und kulturelle Einflüsse sehen sie nicht. Die Herausforderung liegt darin, all diese Perspektiven methodisch zu verknüpfen.

Inwiefern hat die Digitalisierung unser Konsumverhalten verändert?

Die meisten Käufe stellen für unser Gehirn eine Belohnung dar. Wenn ich früher mit dem Rad oder Auto in die Stadt zum Kaufen fahren musste, war das beschwerlich. Heute komme ich mit einem Klick zur Belohnung und unser Belohnungssystem ist auf Steigerung eingestellt. Wir werden so ein kleines Stück kaufsüchtiger.

Die Digitalisierung hat auch unser Medienverhalten verändert. Online legt zu, Print nimmt ab. Hat Print eine Zukunft?

Ja – Print ist für das Gehirn entspannender und sensualer. Ein Bildband, eine Lifestyle-Zeitschrift, ein schöner Roman- das wird bleiben. Die Tageszeitung etc. dagegen wird weiter schrumpfen.

Was läuft im Kopf ab, wenn wir Print und wenn wir digitale Medien konsumieren?

Bei Print schaltet das Gehirn in den Flanier-Modus, es entspannt sich. Bei Digital schält das Gehirn in den «Goal-/Excite-Mode». Es will schnell zum Ziel und zur Belohnung kommen.

Kann man mit Print heute überhaupt noch ein jüngeres Publikum ansprechen?

Ja schon – aber es wird schwerer, weil die jüngeren Konsumenten digital sozialisiert wurden.

Funktioniert personalisierte Werbung tatsächlich? Handle ich anders, wenn ich persönlich angesprochen werde? Funktionieren Ihre Erkenntnisse auch im Bereich der «Customer Journey»? Und wie?

Personalisierte Werbung bedeutet nicht, jemand nur mit seinem Namen anzusprechen, sondern ihm ein Angebot zu machen, das seine Persönlichkeit, sein Alter, sein Geschlecht und seine bisherige Konsumhistorie berücksichtigt – und das funktioniert enorm gut.

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